Konferenz: 100 Jahre Woodrow Wilson und die Ukraine 

Am 6. Februar 1924 verstarb US-Präsident Woodrow Wilson, seine Entscheidungen haben bis heute auch großen Einfluss unter anderem auf die Ukraine. Aus diesem Anlass lud auf Initiative des Historikers Dr. Kurt Bednar das Institut für Osteuropäische Geschichte an der Universität Wien am 21. Februar 2024 zu einer Konferenz.  

Nach der Begrüßung durch Institutsvorstand Univ. Prof. Dr. Christoph Augustynowicz, sowie Baron Lobstein Political-Economic Counselor der US-Botschaft, gab Bednar eine Einführung in den historisch-persönlichen Hintergrund zu Wilson. Univ. Prof. Dr. Kerstin-Susanne Jobst sprach über die Staatsgründung der Ukraine durch Brest-Litowsk im Frühjahr 1918, gefolgt von der Rolle der Ukraine auf der Pariser Friedenskonferenz 1919, vorgetragen durch Prof. Augustynowicz.  

Über die aktuelle Situation der Ukraine sprach IDM Direktor Sebastian Schäffer, der neben der militärischen Lage auch seine Erfahrungen aus dem zwei Tage zuvor in Berlin stattgefundenen Cafe Kyiv zusammenfasste. Mit dem “Dilemma der Gleichzeitigkeit 2.0” beschreibt Schäffer – in Anlehnung an den Anfang der 1990er Jahre durch Claus Offe geprägten Begriff für die parallel laufenden Transformationsprozesse nach dem Zerfall der Sowjetunion – die aktuelle Herausforderung für die EU sowohl Erweiterung, als auch Vertiefung wieder zusammenzuführen und voranzutreiben, ebenso aber auch endlich das Versprechen einer geopolitischen Union zu Erfüllen.  

Zum Abschluss sprach der Journalist Stefan Schocher, der auch seine persönlichen Eindrücke aus der Ukraine schilderte.  

 

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Vor 100 Jahren in der Zukunft

IDM Director Sebastian Schäffer at Cafe Kyiv in Berlin

On 19 February, shortly before entering the third year of the full-scale invasion by the Russian Federation in Ukraine, the second edition of Cafe Kyiv was organised by the Konrad-Adenauer-Foundation in Berlin. Already in 2023, the historic Cafe Moskau in the Eastern part of the German capital city was renamed to Cafe Kyiv for a day. Something that could become permanent, whcih was mentioned by the Ukrainian ambassador to Germany during the opening to the Mayor of Berlin, who was also present. This time the location was the even more historic Colosseum, a cinema located in Prenzlauer Berg. Around 5000 visitors participated in political discussions, contributed to charity at a pop-up market, engaged in workshops, watched films, and enjoyed fashion, art as well as Ukrainian cuisine. More than 100 partners implemented 120 program items on 10 stages – all named after Ukrainian cities. IDM Director Sebastian Schäffer was among the 260 speakers. On the Odesa stage, he presented his edited book “Ukraine in Central and Eastern Europe” but also talked about “Dilemma of Simultaneity 2.0: Ukraine’s Integration and the EU’s Future”. The panel titled “Can Ukraine Resist the Russian Assault? Answers from New Studies of Ukraine’s Foreign Affairs” was organised by the publisher ibidem and moderated by IDM IC Member Andreas Umland. While on stage – located in the hallway of the cinema next to the stairs on the second floor – European Commission President Ursula von der Leyen made a surprise visit. The whole day was packed with interesting exchanges on ond off the stages transporting the overall motto, the famous saying of the first German Federal Chancellor and namesake of the organising foundation: “Wir wählen die Freiheit (We choose freedom)”. 

Photo credit: Sebastian Schäffer/Christian Schön 

 

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IDM Short Insights 32: Dilemma of simultaneity 2.0

Péter Techet über den Mafiastaat und Clan-Loyalität im Orbáns Ungarn für „taz“

In der bundesdeutschen Tageszeitung „TAZ“ schrieb Péter Techet, wissenschaftlicher Mitarbeiter des IDM, einen Meinungsartikel anlässlich des aktuellen Skandals in Ungarn (infolge des Rücktrittes der Staatspräsidentin) über die Enthüllungen eines Fidesz-Insiders über das Regime als „Familienunternehmen“. Techet meint, dass Ungarn ein postkommunistischer Mafiastaat sei: Das Orbán-Regime sei nicht durch eine Ideologie, sondern durch die pure Clan-Loyalität zusammengehalten.

Der Artikel kann hier gelesen werden.

Sebastian Schäffer for Fair Observer: Make Sense of the New Central Europe and the EU

Sebastian Schäffer discussed about what is going on in Central Europe with Fair Observer since the region has seen a rise in populist, nationalist political parties that seemingly stand against the values of the EU. Member states like Hungary are even backsliding on democracy. Hungary has blocked some financial aid from entering Ukraine as it enters its third year of war with Russia.

You can watch the whole interview here.

 

Ukrainische Geflüchtete in Polen: Analyse von Malwina Talik im Jahrbuch der Polnischen Akademie der Wissenschaften (Wien)



Foto: Polnische Akademie der Wissenschaften – Wissenschaftliches Zentrum in Wien

 

Vor der russischen Großinvasion auf die Ukraine war Polen für viele Ukrainer*innen ein Zielland für Arbeitsmigration, wobei die Männer die Mehrheit stellten. Am 24. Februar 2024 änderte sich diese Dynamik, als Millionen Menschen vor dem Krieg flüchten mussten. Vor allem Frauen und Kinder flohen ins Ausland, da Männer das Land nicht verlassen durften. Unsere Kollegin Malwina Talik analysierte die Auswirkungen des Krieges auf die ukrainische Diaspora in Polen im ersten Jahr des Konflikts in ihrem Artikel „Von Arbeits- zur Fluchtmigration: Die Ukrainer*innen in Polen im ersten Jahr der russischen Großinvasion“, der in der neuen Ausgabe des Jahrbuchs des Wissenschaftlichen Zentrums der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Wien erschienen ist.

Podiumsdiskussion „Jugend, Demokratie und Rechtsextremismus“

18. Februar 2024, St. Gilgen am Wolfgangsee

Im Rahmen des heurigen Bundesseminars der Grünen Schüler*innenorganisation „Verde“ fand eine Podiumsdiskussion über die rechtsradikalen Tendenzen in Österreich und anderen europäischen Staaten statt. An der Diskussion nahm auch Dr. Péter Techet, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Institutes für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) nahm. Andere Teilnehmer*innen waren Lena Schilling, Spitzenkandidatin der Grünen für die Europaparlamentswahlen, Barbara Neßler, Nationalratsabgeordnete der Grünen und Mag. Paul Schmidt, Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik.

Techet analysierte die Situation in einigen Ländern, wie Deutschland, Italien und Ungarn bzw. die Unterschiede zwischen der bundesdeutschen AfD und der FPÖ. Er sprach auch darüber, ob und wie sich die rechtsradikalen Parteien nach den Europaparlamentswahlen vernetzen können. Lena Schilling stellte vor allem die grüne Strategie für das nächste Europaparlament vor, Barbara Neßler sprach über den Rechtsruck in der österreichischen Politik und Paul Schmidt betonte die Wichtigkeit der Europaparlamentswahlen. Anschließend konnten auch die Teilnehmer*innen, also die Mitglieder der „Verde“ Fragen stellen.

Péter Techet über die Folgen des Rücktrittes der ungarischen Staatspräsidentin für ARTE

In den Abendnachrichten des deutsch-französischen Kultursenders ARTE sprach Péter Techet, wissenschaftlicher Mitarbeiter des IDM darüber, ob der Rücktritt der ungarischen Staatspräsidentin und die Kritik eines ehemaligen Fidesz-Insiders die Macht von Viktor Orbán gefährden können.

Das Statement kann hier auf Deutsch (nach 8:00) oder auf Französisch (nach 7:47) angeschaut werden.

Buchvorstellung und Diskussion: „Postkommunistische Regime und Mafiastaaten in Osteuropa: Beispiel Ungarn“

14. Februar 2024, Institut für den Donauraum und Mitteleuropa, Wien

Am 14. Februar 2024 wurde das Buch „Postkommunistische Regime. Akteure, Institutionen und Dynamiken“ der zwei ungarischen Soziologen Dr. Bálint Magyar und Mag. Bálint Madlovics (CEU Democracy Institute, Budapest) am IDM vorgestellt und besprochen.

Nach dem Konzept der beiden Autoren lassen sich die postkommunistischen Regime Osteuropas nicht anhand der dort vorherrschenden Ideologie verstehen, sondern die informellen Strukturen müssen in den Blick genommen. Je nachdem, ob die Oligarchie plural oder monopolistisch organisiert ist bzw. je nachdem, ob und inwiefern der Staat kriminelle Ziele verfolgt, lassen sich die einzelnen Staaten kategorisieren. Demnach sei Ungarn ein „Mafiastaat“, wo sich eine mafiaartige Clique des ganzen Landes bemächtigt habe. Die Korruption sei demnach keine Straftat oder Abnormalität, sondern das Wesen dieses Staates. Ein „Mafiastaat“ sei nicht ein Staat, in dem die Mafia versucht, den Staat zu unterwandern, sondern vielmehr ein Staat, in dem die Mafia selbst zum Staat wird und wo das Recht für kriminelle Zwecke gesetzt und angewendet wird. In einem „Mafiastaat“ gebe es keinen Konkurrenzkampf zwischen unterschiedlichen Oligarchen. Alles sei einem einzigen kriminellen Machtzentrum unterworfen. Ein solches System funktioniere „feudalistisch“: Der „Herr“ stehe an dessen Spitze und auch die „Oligarchen“ erhielten ihr Vermögen von ihm. Nicht eine Ideologie, sondern die Clan-Loyalität halte das System zusammen.

Am Anfang der Veranstaltung stellte Dr. Péter Techet, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM), das Konzept des „postkommunistischen Mafiastaates“ kurz vor. Techet erzählte von einem aktuellen Skandal in Ungarn: Nachdem die Staatspräsidentin Katalin Novák aufgrund der Begnadigung eines Mittäters in einem Kindermissbrauchsfall zurücktreten musste, meldete sich ein Fidesz-Insider zu Wort, der ungewöhnlich harsch und offen das Regime kritisierte. Der Fidesz-Insider trat von allen seinen Posten zurück und meinte, dass das Land zu einem „Familienunternehmen“ geworden sei. Techet betonte, dass der ehemalige Fidesz-Insider eben das ansprach, was die beiden Soziologen, Dr. Magyar und Mag. Madlovics in ihrem Konzept vom „postkommunistischen Mafiastaat“ theoretisch analysieren und beschreiben.

Professor Paul Lendvai, Osteuropaexperte und Kolumnist der Tageszeitung „Der Standard“, hielt die Laudatio des Buches. Er wies darauf hin, dass die Europäische Union und die westeuropäischen Politiker*innen Osteuropa immer noch nicht verstanden und deswegen keinen Umgang mit den dortigen postkommunistischen Regimen gefunden hätten. Lendvai betonte, dass Ungarn kein Einzelfall sei, weil auch andere Autokraten in der Region das ungarische Modell nachahmen wollen würden. Er lobte und empfahl das Konzept von Magyar und Madlovics, da dieses eine realistische Beschreibung der osteuropäischen Verhältnisse biete.

Nach Lendvais Einführung hielten die zwei Autoren Magyar und Madlovics einen Vortrag über ihr Konzept. Sie zeigten auf, wie ein Mafiastaat funktioniert, wie die Ideologien und das Rechtssystem benutzt werden und wie ein solcher Staat als eine kriminelle Organisation behandelt werden sollte. Sie sprachen auch über die wesentlichen Unterschiede zwischen Ungarn, der Ukraine und Polen: In Polen hätten die Nationalkonservativen den Staat nicht im kriminellen Interesse geändert; in der Ukraine hätte sich kein feudalistisches Machtzentrum etabliert. Im Gegensatz dazu sei Ungarn keine oligarchische Demokratie, weil die Oligarchen selbst von einem einzigen Machtzentrum abhängig seien. Magyar und Madlovics betonten, dass die Ideologien, die Viktor Orbán in seiner Rhetorik nutzt, nur dem Ziel dienen würden, den wahren, kriminellen Zweck des ungarischen Mafiastaates zu verstecken. Deswegen sei es irreführend, Orbán als einen christlichen Konservativen oder als Rechtsnationalisten zu sehen. Seine Politik ziele nicht auf die Verwirklichung einer Ideologie, sondern auf die Absicherung der familiären Macht ab.

Nach dem Vortrag fand eine Podiumsdiskussion statt, an der auch Dr. Helmut Brandstätter, Nationalratsabgeordneter und Spitzenkandidat der Neos für die Europaparlamentswahlen, teilnahm. Dr. Ewa Dziedzic-Ernst, Nationalratsabgeordnete der Grünen, sagte ihre Teilnahme leider aufgrund eines anderen Termins ab. In der Diskussion betonte Brandstätter, dass die Europäische Union konsequenter und entschiedener gegen illiberale Tendenzen vorgehen sollte. Er meinte, dass die Europäische Union bereits zu lange Systeme wie in Ungarn mitfinanziere. Magyar plädierte für einen anderen Umgang der EU mit Ungarn; er meinte, dass die europäische Integration ohne Ungarn vertieft werden sollte. Auch Lendvai betonte, dass die Europäische Union immer noch nicht verstanden habe, dass Ungarn die EU-Fördergelder zum Ausbau eines Mafiastaates verwendet. In der Diskussion wurde auch die negative Rolle des deutschen Kapitals in Ungarn beim Ausbau des Orbán-Systems angesprochen: Madlovics berichtete, wie Orbán deutsche Firmen in Ungarn wirtschaftlich unterstützt und politisch benutzt. Als Gegenleistung akzeptieren die deutschen Firmen die Regeln eines Mafiastaates. Brandtstätter und Lendvai wiesen allerdings auch darauf hin, dass Orbán nicht nur einen Mafiastaat in Ungarn aufbaut, sondern auch andere anti-europäische Kräfte in der EU unterstützt. Insofern sei es im elementarsten Interesse der EU, die Entwicklungen in Ungarn mit rechtlichen und finanziellen Mitteln aufzuhalten.

Péter Techet über den Mafiastaat in Ungarn

In der italienischen Tageszeitung „Domani“ wurde auch Péter Techet, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für den Donauraum und Mitteleuropa über den aktuellen Skandal in Ungarn befragt, der infolge des Rücktrittes der Staatspräsidentin Katalin Novák erfolgte. Ein Insider der Fidesz-Partei packte in einem Interview aus: Das Regime funktioniere wie ein Mafiastaat, wo Angst herrsche und alles kontrolliert werde. Techet meinte für „Domani“, dass der Fidesz-Insider ein Regime beschrieb, „in dem das Stockholm-Syndrom vorherrscht: Jede, sogar diejenigen an der Spitze der Macht, werden kontrolliert und misshandelt, der Staat funktioniert wie eine Familienmafia“.

Der Artikel (hinter Paywall) kann in Italienisch hier gelesen werden.

Melanie Jaindl: Intersektionalität und visuelle Versicherheitlichung von Migranten auf der Balkanroute – Angreifer, Beschützer, oder doch Feigling?

Melanie Jaindl veröffentlichte eine wissenschaftliche Analyse über das ungarische und serbische Medienframing von Migranten auf der Balkanroute in den Südosteuropa Mitteilungen 6/2023 der Südosteuropa Gesellschaft e.V.

Abstract:

Eight years after the “long summer of migration” in 2015, debates about asylum and migration are still dominating European political discourse. Photojournalistic images of people coming to Europe became engrained into collective memory, underpinning their importance in the securitization of these events. This article explores the visual securitization of migrants in Serbian and Hungarian media in 2015 at the time of the construction of a border fence between both countries. Focus is given to mediatized narratives about gender and its intersections. It shows how discourses construct identities as vulnerable or threatening and how these narratives create realities for migrants.

 

Lesen Sie es hier.