Gefahrenzone Himmel: Vögel vor Stromschlägen bewahren

Jährlich werden tausende Vögel durch Stromschläge oder Kollisionen mit oberirdischen Stromleitungen getötet oder verletzt. Mit länderübergreifender Anstrengung soll der Himmel über der Donau für Vögel sicherer werden. Wie das geht, zeigen Marek GÁLIS und Eva HORKOVÁ in ihrem Gastbeitrag für Info Europa.

Die Donau, der so genannte »europäische Amazonas«, ist einer der wichtigsten Zugkorridore, Zwischenstopps, Schlaf- und Überwinterungsplätze für hunderte Vogelarten in Europa. Mit ihren Uferzonen und Flusslebensräumen bildet die Donau ein ökologisches Netz, das oft auch als Rückgrat für biologische Korridore fungiert. Jedes Jahr folgen Millionen Vögel auf ihrer Odyssee von und zu weit entfernten Zuggebieten dem Strom. Allein die Untere Donau und das Donaudelta beherbergen rund 360 Vogelarten, etwa den seltenen Krauskopfpelikan sowie 90 Prozent der Weltpopulation der Rothalsgans. Viele dieser Arten haben in den letzten Jahrzehnten einen dramatischen Rückgang erlebt. Durch Stromschläge und Kollisionen sterben in diesem Gebiet jedes Jahr 20 Prozent der sich fortpflanzenden Populationen von Kaiseradler, Sakerfalken und Krauskopfpelikanen. Zahlreiche Projekte des EU-geförderten LIFE-Programms widmeten sich bisher der Wiederherstellung von Wasserlebensräumen. Diese Maßnahmen haben zur Folge, dass der Vogelzug in diese geschützten Rückzugsgebiete zunimmt. Daher ist der Schutz gefährdeter Arten vor Kollisionen und Stromschlägen enorm wichtig, insbesondere um damit andere Bedrohungen, etwa durch die Folgen des Klimawandels, zu kompensieren.

Leitungen und Masten als Gefahrenquellen

Projektpartner aus sieben von zehn Donauländern, darunter Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien und Rumänien, sind Teil des LIFE Danube Free Sky-Projekts, das sich darauf konzentriert, die Gefahren durch Stromleitungen zu lindern. Vögel sind vor allem in der Nähe von Gewässern und deren Umgebung in erheblichem Maße von Stromschlägen oder Kollisionen mit Stromleitungen bedroht. Das fand ein vorhergehendes LIFE-Projekt, das in der Slowakei zwischen 2014 und 2019 durchgeführt wurde, heraus. Infolgedessen konzentriert sich das aktuelle Projekt auf 23 sogenannte Besondere Schutzgebiete (BSG) sowie auf neun signifikante Gebiete für Vögel, Important Bird Areas (IBA). Der Aktionsradius ist enorm: Denn entlang der gewählten 2000 Kilometer befinden sich acht verschiedene Arten oberirdischer Stromleitungen, die allesamt eine potenzielle Gefahr für Vögel darstellen. Ein wesentliches Ziel besteht darin, direkte und indirekte Vogelsterblichkeit durch Stromschläge und Kollisionen mit den Stromleitungen innerhalb des Projektgebiets zu verhindern bzw. zu verringern. Damit trägt das Projekt dazu bei, die Biodiversitätsstrategie der EU umzusetzen, und dem Verlust der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen entlang der Donau entgegenzuwirken. Indem sichere Zugrouten und Lebensräume geschaffen werden, können sich die Populationen von 12 Zielarten* erholen und anwachsen.

Betroffene Arten

Zu einer der häufigsten Gefahren zählen Zusammenstöße mit Hochspannungsleitungen. Viele Vögel können die Leitungen nicht rechtzeitig erkennen. Das geschieht vor allem in offenen Gebieten, in denen Stromleitungen wichtige Futter-, Nahrungs- und Nistplätze kreuzen. Vogelverluste aufgrund von Kollisionen mit oberirdischen Stromleitungen können an Verteilungs- oder Übertragungsnetzen auftreten. Am stärksten gefährdet sind große, schwere Vogelarten mit geringer Manövrierfähigkeit, das heißt solche mit hoher Flügelbelastung und geringer Streckung, wie beispielsweise Trappen, Pelikane, Wasservögel, Kraniche, Störche und Schneehühner. Das Risiko von Zusammenstößen ist nachts, in der Dämmerung und bei schlechten Sichtverhältnissen generell  höher. Zusammenstöße mit hoher Geschwindigkeit haben oft tödliche Folgen für die Vögel. Neben Kollisionen gehören auch Stromschläge zu den größten Gefahren. Sie treten meist dann auf, wenn Vögel auf dem Strommast landen und gleichzeitig mit einem Draht in Berührung kommen oder wenn sie die beiden Leiter gleichzeitig berühren. Das höchste Risiko besteht bei Mittelspannungsleitungen, die für viele Vögel in offenen ländlichen Gebieten ohne Baumbewuchs sehr attraktive Sitzstangen darstellen. Die höchste Sterblichkeitsrate durch Stromschläge verzeichnen mittelgroße und große Vögel, insbesondere Adler, Falken, Geier, Milane, Falken, Eulen, Störche und Rabenvögel. Bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit höher, mit ungeschützten Elementen der Mastkonstruktion in Kontakt zu kommen.

Wie geholfen wird

Um so effektiv wie möglich zu helfen und die Ressourcen so effizient wie möglich einzusetzen, müssen die Maßnahmen im Rahmen des genannten LIFE-Projekts an jenen Orten ergriffen werden, die die größten Risiken für Vögel bergen. Dazu muss durch koordinierte Feldforschung der Grad der Gefährdung von Vögeln ermittelt und bewertet werden. Insgesamt werden im Rahmen des Monitorings mehr als 1150 Kilometer Stromleitungen und über 10.000 potenziell gefährliche Strommasten untersucht. Feld-AssistentInnen sammeln in den beteiligten Ländern die entsprechenden Daten. Danach kommen die am Projekt beteiligten Energieversorgungsunternehmen ins Spiel: Sie werden gemeinsam auf 245 Kilometer vorrangiger Leitungen Warnvorrichtungen installieren, um Kollisionen zu verhindern. Darüber hinaus werden mindestens 3250 Masten isoliert, um Stromschläge zu vermeiden. In Österreich isolieren die Projektpartner in Zusammenarbeit mit der ÖBB-Infrastruktur AG hunderte der gefährlichsten Bahnstrommasten in der Nähe der Donau. In Rumänien, Serbien und der Slowakei werden Jungtiere (Sakerfalken, Kaiseradler und Krauskopfpelikane) mit Sendern ausgestattet, um gefährliche Masten in ihrem Heimatgebiet und ihren bevorzugten Lebensräumen zu identifizieren. In der Slowakei werden zehn Hektar Land von Ackerland wieder zurück in Weiden verwandelt. So wird der Naturwert des Gebietes erhöht, wovon verschiedenste Vogelarten profitieren. Zudem unterstützt das Projektteam die Brutmöglichkeiten für Sakerfalken, Blauracken und Rotfußfalken, indem es in Bulgarien, Rumänien, Serbien und in der Slowakei insgesamt 370 Nistkästen anbringt.

Transnationale Zusammenarbeit unerlässlich

Um die Vögel auf ihren Zugrouten zu schützen, müssen die Stromleitungen auf den gefährlichsten Abschnitten entschärft werden, und zwar über Ländergrenzen hinweg. Im Zuge des Projekts DANUBEparksCONNECTED wurde daher eine Plattform für die transnationale Zusammenarbeit geschaffen. Sie bildet die Grundlage für die LIFE Danube Free Sky-Projektpartnerschaft, an der acht Energieunternehmen, drei Nationalparks, drei Vogelschutzorganisationen und ein Eisenbahnunternehmen beteiligt sind. Obwohl das Projekt während der Pandemie begann, funktioniert die Zusammenarbeit aller beteiligten Projektpartner sehr gut. Die meisten der Koordinierungstreffen finden immer noch online statt, doch die Hoffnung ist groß, dass persönliche Treffen bald möglich sein werden.

Projektwebseite: danubefreesky.eu
Facebook/Instagram: danubefreesky

Natura 2000 ist ein Netz von zentralen Fortpflanzungs- und Ruhestätten für seltene und bedrohte Arten und einige seltene natürliche Lebensraumtypen, die geschützt sind. Es erstreckt sich über alle 27 EU-Länder, sowohl an Land als auch im Meer. Ziel des Netzes ist es, das langfristige Überleben der wertvollsten und am stärksten bedrohten Arten und Lebensräume Europas zu sichern, die sowohl in der Vogelschutzrichtlinie als auch in der Habitatrichtlinie aufgeführt sind. 23 besondere Schutzgebiete, die an dem Projekt beteiligt sind, sind Teil des Natura-2000-Netzes.

 

Dr. Marek Gális ist Wissenschaftlicher Koordinator der Projekte LIFE Danube Free Sky und LIFE Energy. Er studierte Ökologie und Umweltstudien an der naturwissenschaftlichen Fakultät der Philosoph KonstantinUniversität in Nitra, Slowakei. Nach seiner Promotion im Jahr 2014 begann er bei der Nichtregierungsorganisation Raptor Protection of Slovakia. Er hat mehrere Artikel zum Thema Vögel vs. Stromleitungen veröffentlicht und ist aktiv am Prozess der Risikobewertung von Stromleitungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Vögel in der Slowakei beteiligt.

Mag. Eva Horková ist Kommunikationsmanagerin des LIFE Danube Free Sky Projekts. Sie studierte Politikwissenschaft und internationale und diplomatische Studien an der Comenius Universität Bratislava und an der Hochschule für internationale und öffentliche Beziehungen Prag, Institut Bratislava. Mehrere Jahre lang war sie hauptsächlich in den Bereichen Projektkoordination, Management und Marketing in der Privatwirtschaft tätig. Mit dem Wunsch nach einem beruflichen Wechsel in den dritten Sektor trat sie ab November 2020 dem LIFE Danube Free Sky Team bei.

Nun sag‘, wie hältst du’s mit der EU-Erweiterung?

Meinung der Europa-Abgeordneten zum EU-Beitritt der Westbalkanländer

“Balkan nach Europa – sofort“ forderten Erhard Busek und Sebastian Schäffer in ihrem Appell an die Europäische Union. Doch wie lauten die Positionen der österreichischen EntscheidungsträgerInnen im EU-Parlament zur Frage der EU-Erweiterung?

Das IDM-Team wollte es genau wissen und bat die VolksvertreterInnen, ihre persönlichen Positionen, Visionen und Handlungsspielräume zu erläutern. Neun von insgesamt 18 Abgeordneten darunter MandatarInnen aller fünf Parteien haben uns geantwortet und ihre Sicht der Dinge dargelegt

Wie beantworten die PolitikerInnen die Gretchenfrage zur Zukunft unserer Nachbarschaft? Informieren Sie sich über die unterschiedlichen Positionen:

Othmar_Karas

Andreas_Schieder

Bettina_Vollath

Claudia Gamon

Lukas_Mandl

Harald Vilimsky

Monika Vana, Thomas Waitz und Sarah Wiener

Und wie würden Sie diese Fragen beantworten?

Opinion Piece (CoFoE): Enlargement: Western Balkans

Enlargement: Western Balkans


Sebastian Schäffer/ Emilie Laborel

While the EU aims to abolish borders, this impulse dried out after 2013, especially for the Western Balkans (WB6). The EU member states are reluctant when it comes to enlargement, despite the promise given at the Thessaloniki summit in 2003.

For almost 20 years, the WB6 demonstrated their readiness to join. They started official procedures and some became candidates. They reoriented policies and all are participating in initiatives to prepare to become a member (e.g. CEFTA, mini Schengen, etc.).

After Croatia’s accession, enthusiasm for enlargement within the EU itself waned in the last decade, despite the positive signal it sent. The EU failed to keep up the momentum. This could weaken the trust of the WB6 in the EU and lead them to soften efforts while other actors (Russia, China or Turkey) are offering a viable alternative to integration.

The EU focuses too much on the Copenhagen criteria to assess the WB6 applications. It is not productive to point out each year which one is not met, especially when EU members have trouble meeting them. They should be adjusted. The EU’s ambition for WB6 is predominantly economic, it should rather be political. The economic gap between the two regions has been worked on and EU membership could speed convergence. The EU is making the accession processes increasingly complex, which can be blocked by a single country. All countries need to become politically responsible. Therefore, the EU should integrate the WB6 immediately.

Get engaged in the discussion on this subject! Add your comment here.


What is Conference on the Future of Europe (CoFoE)?
It is an initiative of the European Parliament and the European Commission with an aim
to promote democracy, build a more resilient Europe and involve citizens as equal partners in the discussion on the future of the EU. Since 19 April 2021 also you can participate through the multilingual digital platform of the Conference.

The platform offers each European citizen the possibility to express their wishes for the future of Europe. Participating is easy: you can share your opinion, react to other citizens’ ideas, moderate your own events, or join live debates and workshops with other citizens. Don’t hesitate to engage in this exciting discussion to shape the Europe of the future!

Good Governance: Ein Demokratiemotor für den Westbalkan?

Wie gut ein Staat funktioniert, zeigt sich oft anhand unserer Erfahrungen im Umgang mit Behörden und Ämtern. Thomas PROROK weiß um die Probleme des öffentlichen Sektors in den Westbalkanstaaten. Der Verwaltungsexperte erklärt, an welchen Schrauben gedreht wird und warum Eigeninitiative und Transparenz dabei wichtig sind.

Zwei Drittel der BürgerInnen der Westbalkan-Länder* vertrauen ihren Regierungen und Parlamenten nicht. 71 % geben an, dass die Regierungen Korruption nicht effektiv bekämpfen. Diese Zahlen stammen aus dem neuesten Balkan Barometer, das jährlich die öffentliche Meinung in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien zu wichtigen Fragen von Politik und Wirtschaft erhebt. Es sind Zahlen, die nachdenklich machen, vor allem, weil sie sich in den letzten Jahren nicht verbessert haben. Gleiches gilt für die Worldwide Governance Indicators: Hier misst die Weltbank in fast allen Ländern der Welt verschiedene Aspekte der Regierungsführung und Verwaltung. Auf einer Skala von -2.5 (geringe Effektivität) bis 2.5 (hohe Effektivität) rangieren die Länder des Westbalkans im Kriterium Government Effectiveness bei -0,62 bis 0,01. Hierzu zählen zum Beispiel die Qualität der öffentlichen Services und des öffentlichen Dienstes. Der Vergleichswert Österreichs liegt bei 1,49. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Fragen der Rechtsstaatlichkeit und politischer Mitbestimmung.

Abwanderung der Unzufriedenen

Die wohl dramatischste Konsequenz dieser Entwicklungen ist die Abwanderung, von der die gesamte Region betroffen ist. Die Weltbank sowie das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche haben zwischen 1989 und 2015 einen Bevölkerungsrückgang von 4,4 Millionen Menschen in der Region ausgemacht. Und das bei nur 18 Millionen BürgerInnen. Die Europäische Kommission hat die Problematik erkannt und 2020 eine EU-Erweiterungsstrategie für den Westbalkan inklusive Roadmap für das Funktionieren der demokratischen Institutionen und eine Verwaltungsreform präsentiert. Diese macht den Zusammenhang von funktionierenden demokratischen Strukturen und einer »guten« öffentlichen Verwaltung sichtbar: Good Governance ist ein wichtiges Fundament für die demokratische Prosperität eines Staates. Das KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung engagiert sich am Westbalkan gemeinsam mit seinen Partnern mit drei wichtigen Initiativen, die in der Folge kurz vorgestellt werden.

Zivilgesellschaft als Korrektiv

Das Projekt WeBER ist ein Zusammenschluss von zivilgesellschaftlichen Organisationen des Westbalkans, welche die Fortschritte der Verwaltungsreformen in der Region überprüfen. Dabei legt das von der EU unterstützte Projekt besonderen Wert auf die Sichtweisen von BürgerInnen und der Zivilgesellschaft. Es verwundert nicht, dass insbesondere Transparenz, Partizipation und Offenheit der Verwaltung eingefordert werden. Die Ergebnisse sind zum Teil ernüchternd: So finden nur 13 % der befragten zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Region, dass die Entscheidungsfindung ihrer Regierung im Allgemeinen nachvollziehbar ist. Ein spezifischer Fokus liegt auf der Haushaltstransparenz, die sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. In allen Ländern gibt es zwar Bestrebungen, die Transparenz der öffentlichen Budgets zu verbessern – in Nordmazedonien und im Kosovo wurden hierfür sogar bürgerfreundliche Haushaltsportale ausgebaut – aber nur in Nordmazedonien wird das Jahresbudget auch im Open-Data-Format veröffentlicht. Nichtfinanzielle Leistungsinformationen finden sich lediglich in dem Haushalt Albaniens und Ansätze von Bürgerbudgets gibt es nur in Montenegro. Als besonders problematisch stellt WebER fest, dass die Angaben von Montenegro und Serbien 2017 und 2018 weniger transparent waren als zuvor und auch nur wenige funktionale Informationen (z.B. Mittel für Soziales, Bildung, Gesundheit) bereitstellten.

Sichtbarmachen von Fortschritten

Mit dem Städteverband Südosteuropas wurde eine Onlineplattform aufgebaut, die erstmals für alle Länder des Westbalkans zeitnahe, genaue, zuverlässige und vergleichbare Indikatoren und Informationen zur lokalen Governance zugänglich macht. Die benutzerfreundliche Visualisierung komplexer Daten erlaubt es, die Fortschritte in der Dezentralisierung und der lokalen Selbstverwaltung zu überprüfen. Darüber hinaus ist sichtbar, welche Budgets für die Städte und Gemeinden zur Verfügung stehen, um wichtige öffentliche Leistungen wie Bildung, Kindergarten, soziale Hilfen und Infrastruktur für die BürgerInnen zu erbringen. Diese Transparenz-Plattform zeigt eindringlich, dass die kommunale Budgetautonomie abnimmt. Im Durchschnitt gingen die Einnahmen der Gemeinden in Südosteuropa zwischen 2015 und 2017 um 0,5 % zurück. Der Anteil, über den die Gemeinden autonom entscheiden können, verringert sich, während der Anteil von zweckgebundenen Zuschüssen ansteigt. Zentrales Problem ist das Generieren eigener Einnahmen, welches durch häufige Änderung der Rechtsrahmen sowie veraltete Register erschwert wird. Dadurch verliert die Regional- und Gemeindeautonomie als wichtiger Ausgleichsmechanismus im staatlichen Machtgefüge sukzessive an Bedeutung.

Transparenz und Partizipation bewerten

Vor nunmehr 20 Jahren haben sich die MinisterInnen für öffentliche Verwaltung der EUMitgliedsländer auf ein gemeinsames Instrument zur Qualitätsverbesserung ihrer Services geeinigt. Seither firmiert unter der etwas sperrigen Bezeichnung CAF (Common Assessment Framework – deutsch: Gemeinsamer Bewertungsrahmen) ein mächtiges, aber in der Öffentlichkeit wenig bekanntes, Werkzeug zur Verwaltungsreform. Bei diesem europäischen Ansatz geht es darum, dass öffentliche Verwaltungen, also Ministerien, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungen sowie Verbände oder öffentliche Unternehmungen, selbstständig und andauernd einen Verbesserungsprozess initiieren. Das heißt, diese warten nicht auf den nächsten Aufruf zur Verwaltungsreform, sondern werden selber aktiv: Sie hinterfragen regelmäßig die internen Abläufe und digitalisieren schrittweise ihre Behörden, sie fördern die Personalentwicklung auf höchstem Niveau, sie leben Partizipation, Transparenz und arbeiten kundenorientiert. Das alles erfordert eine neue Kultur der Offenheit in der öffentlichen Verwaltung und Politik der Länder des Westbalkans. Dass der CAF ein wirksames Instrument zur Verwaltungsreform ist, zeigt auch die Europäische Kommission: Bei den Beitrittsverhandlungen überprüft die Kommission die Umsetzung der rechtsstaatlichen Grundlagen, zu denen auch die Maßnahmen zur Verwaltungsreform zählen. Dabei stellt die Kommission (genauer die SIGMA Initiative von OECD und EU) auch dezidiert die Frage, ob der Bewertungsrahmen eingesetzt wird. Mit der Regional School for Public Administration (ReSPA) hat das KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung deshalb ein umfassendes CAF-Programm initiiert. Dieses führte den Bewertungsrahmen als neues Instrument der Verwaltungsreform in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien ein. Gemeinsam mit den zuständigen Ministerien dieser Länder wurden mit Unterstützung der Austrian Development Cooperation in den letzten Jahren insgesamt 19 CAF-Initiativen umgesetzt.

Demokratiemotor Good Governance

Diese drei konkreten Initiativen zeigen, dass Reformen der öffentlichen Verwaltung in Richtung Good Governance zur Stärkung der demokratischen Strukturen beitragen können. Besonderes Potenzial haben neben der Festigung der Rechtsstaatlichkeit und Servicequalität hierbei der Ausbau von Transparenz und die Einbindung von BürgerInnen sowie der Zivilgesellschaft. Dies ist notwendig, um Vertrauen und Legitimität in Verwaltung, Staat und Demokratie zu stärken. Klar ist aber auch: Die öffentliche Verwaltung kann hier nur einen wichtigen Beitrag leisten. Demokratie muss jeden Tag neu erkämpft werden und hierfür bedarf es der ehrlichen Unterstützung durch die politischen AkteurInnen.

zählen jene Staaten Südosteuropas, die noch nicht Mitglied der Europäischen Union sind: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien.

 

Thomas Prorok ist stellvertretender Geschäftsführer des KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung. Seine Expertise umfasst seit 20 Jahren die Themen Verwaltungsreform, Dezentralisierung, lokale Selbstverwaltung und EU-Integration. Er ist Mitglied des Vorstandes des IDM und des Beirates der Regional School for Public Adminstration des Westbalkans (ReSPA). Seit 2015 leitet er das BACIDProgramm zum Aufbau von Verwaltungskapazitäten im Westbalkan und der Republik Moldau.

Parliamentary Elections in Serbia 2020

Briefing_Parliamentary_elections_Serbia-2020

The whole discussion is available on the YouTube channel of the IDM:

 

flow – Festival of Conversation for Culture and Science

grenzüberschreitend. fachübergreifend. unkonventionell.

Projektziel:

flow stellt den multinationalen interdisziplinären Dialog von Kunst und Wissenschaft in den Mittelpunkt und hebt sich so ganz bewusst von herkömmlichen Festivals ab.

Elias Canettis Geburtsstadt Ruse, der wichtigste Donauhafen und Verkehrsknotenpunkt Bulgariens, war von 18. bis 21. Oktober Austragungsort des dritten biennalen flow Festivals. 2010 machte flow Station in Chişinău/Republik Moldau, 2008 in Novi Sad/Serbien.

Auch 2012 trafen wieder rund sechzig junge Künstler/-innen, Kulturschaffende und Wissenschaftler/-innen aus zehn Ländern entlang der Donau zusammen, um neue Netzwerke zu bilden und die Besonderheiten des Donauraums gemeinsam zu entdecken. Die Teilnehmer/-innen kamen aus Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Österreich, der Republik Moldau, Rumänien, Serbien, der Slowakei, Ungarn und der Ukraine. Das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) ist Initiator von flow. Das Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) hat im Herbst 2009 die organisatorische Abwicklung und Koordination des Festivals übernommen. Heuer wurde das IDM vor Ort durch die renommierte Internationale Elias Canetti Gesellschaft unterstützt.

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Kunst und Wissenschaft bilden während des Festivals die Katalysatoren, um das außergewöhnliche Potenzial dieser Region freizulegen und es als Grundlage für interdisziplinäre Projekte im Donauraum zu nutzen. Die gedankliche Klammer für diesen kreativen Austausch bildete heuer das Generalthema “Activating Spaces, Activating People by Micro-Imagination“. Mehrere Workshops ermöglichten an zwei Tagen intensive Diskussionen in kleineren Gruppen. Als Inspirationsquelle gab es unterschiedliche Fragestellungen, denen sich die Teilnehmer/-innen bereits vorab auf einer eigens für flow kreierten Internetplattform zuordnen konnten.

Neben der Arbeit in thematischen Workshops wurde auch heuer wieder großer Wert auf die Einbindung der lokalen Künstler/-innen und Wissenschaftler/-innen gelegt. Für drei Abende wurde ein sehr spannendes und frei zugängliches Festivalprogramm mit einer Ausstellung, Performance und Konzerten entwickelt, das vor allem der bulgarischen alternativen Kunstszene eine Bühne gab. Hunderte Besucher aus ganz Bulgarien haben dieses Angebot mit großer Freude und Begeisterung angenommen.

Dem diesjährigen Festival-Thema entsprechend wurden aber nicht nur die Menschen erfolgreich „aktiviert“, sondern auch ungenützte, leer stehende Räume und Orte speziell für flow neu belebt. Dabei konnten etwa Orte mit interessanter Geschichte und Vergangenheit in Ruse wieder entdeckt und neu bespielt werden. So etwa das Gebäude einer der ältesten bulgarischen Banken, das seit Jahren leer steht und verfällt. Oder auch der einstige Hafenbahnhof im Zentrum von Ruse, der seit vielen Jahrzehnten keine Passagiere mehr empfangen hat, und für das Festival erstmals wieder mit Leben gefüllt wurde. Diese inspirierenden Räume und Orte werden so in Zukunft wieder mehr Beachtung und Verwendung finden. Nachhaltigkeit wird aber vor allem durch die Entwicklung mehrerer multinationaler und interdisziplinärer Mikro-Projekte erzeugt, die in verschiedenen Ländern des Donauraumes 2013 realisiert werden. Die flow Community, bestehend aus den rund sechzig Teilnehmer/-innen des Festivals, bekommt damit die Möglichkeit, die neuen Kontakte und entstandenen Ideen konkret für Projekte zu nutzen. So werden bis zu fünf Projekte im Donauraum über das Festival hinaus im kommenden Jahr vom BMeiA gefördert und vom IDM begleitet.

flow hat sich zum Ziel gesetzt Menschen zu bewegen und im Donauraum seine Spuren zu hinterlassen.
In Ruse ist man dieser Vision wieder ein beachtliches Stück näher gerückt – and flow goes on.

Institut für den Donauraum und Mitteleuropa
Dr. Susan Milford
Bernd Janning, MA

  • Projektzeitraumbis 2012

grenzüberschreitend. fachübergreifend. unkonventionell.

flow stellt den multinationalen interdisziplinären Dialog von Kunst und Wissenschaft in den Mittelpunkt und hebt sich so ganz bewusst von herkömmlichen Festivals ab.

Studie 1/2007 – Balkankompetenz in Österreich – Aktivitäten österreichischer Institutionen in Südosteuropa