Wie der ukrainische Einmarsch in Russland nicht-westliche Länder herausfordert

Die Forderungen Pekings und anderer nichtwestlicher Hauptstädte nach einem Waffenstillstand und Verhandlungen zwischen Moskau und Kyjiw haben nach der ukrainischen Besetzung westrussischer Gebiete neue Bedeutung erlangt. Ein ernsthafter Vorstoß Chinas oder anderer nicht-westlicher Länder für eine russisch-ukrainische Einigung könnte nun zu sinnvollen Friedensgesprächen führen. 

Der unerwartet lange und tiefe Einmarsch der Ukraine in russisches Staatsgebiet seit dem 6. August 2024 hat die Diskussion über den Russisch-Ukrainischen Krieg verändert. Die wichtigste internationale Auswirkung, die die ukrainische Überraschungsaktion, alias Kursker Operation haben könnte, ist jene auf offiziell neutrale nicht-westliche Länder wie China, Indien oder Brasilien. Der Westen unterstützte die Ukraine und wird dies auch weiterhin tun – unabhängig von der Kursker Operation und ihrem Ausgang. Im Gegensatz dazu führt eine längere ukrainische Besetzung legitimen russischen Staatsgebiets zu einer neuen Dimension in der nicht-westlichen Herangehensweise an den Krieg. 

Wenn Moskau die ukrainische Offensive nicht bald vollständig zurückschlägt, verändert dies die Position Kyjiws in hypothetischen Verhandlungen, die seit Beginn des Krieges 2014 von vielen international Akteuren gewünscht werden. Bisher musste sich Kyjiw in seiner Kommunikation mit ausländischen Partnern ausschließlich auf moralische und rechtliche Argumente stützen, die sich auf die regelbasierte Weltordnung beziehen. Im Gegensatz dazu ist nun ein weniger normativ geprägter, eher transaktionaler und einfacherer „Land für Land“-Deal zwischen Russland und der Ukraine theoretisch möglich geworden. 

Eine neue Kriegswahrnehmung 

Seit dem 6. August versucht Kyjiw neue Fakten vor Ort zu schaffen. Mit ihrer Kursker Operation will die Ukraine von den früheren „Souveränität/Sicherheit/Land gegen Frieden“-Deals zu einem intuitiveren Gebietsaustausch übergehen. 

Die Idee ist, dass die Ukraine die kürzlich eroberten russischen Gebiete, im Austausch für die von Russland eroberten ukrainischen Gebiete zurückgibt. 

Diese Formel bringt Putin in eine schwierige Lage: Einerseits ist der anhaltende Kontrollverlust Moskaus über legitimes russisches Staatsgebiet eine enorme Blamage für den Kreml. Andererseits sind die annektierten ost- und südukrainischen Gebiete nach der russischen Verfassung, die 2014 und 2022 überarbeitet wurde, nun aus Moskauer Sicht auch offizielles Eigentum Russlands.  

Für den Großteil der russischen Elite und Bevölkerung ist nichtsdestoweniger die Wiederherstellung der vollständigen Kontrolle Moskaus über das eigene geografische Terrain wichtiger als eine dauerhafte Besetzung illegal erworbener Gebiete, die der Rest der Welt ohnehin als ukrainisch betrachtet. Die Integration der annektierten Gebiete in den russischen Staat und die russische Wirtschaft ist zudem kostspielig und wird es auch in Zukunft bleiben. Die illegalen Annexionen ukrainischer Regionen werden die Entwicklung Russlands weiterhin behindern, indem sie Ressourcen verschlingen und die westlichen Sanktionen aufrechterhalten. 

Der nichtwestliche Faktor 

Die neue ukrainische Strategie seit dem 6. August könnte nicht nur für die Befürworter einer Entspannungspolitik in der russischen Führung, sondern auch für bestimmte Partner Russlands auf internationaler Ebene – vor allem für China – einen neuen Faktor darstellen. Gemäßigte Kräfte sowohl in der russischen Regierung als auch in den Kabinetten anderer Länder, die an einem Ende des Krieges interessiert sind, können nun argumentieren, dass die ukrainischen Annexionen rückgängig gemacht werden sollten, um im Gegenzug die territoriale Integrität Russlands wiederherzustellen. Die Idee eines solchen Land-für-Land-Deals wird mit jeder weiteren Woche, in der die Ukraine ihre eroberten Gebiete in Russland halten kann, populärer werden. Zumindest wird der Druck auf Putin zunehmen, die verlorengegangenen Gebiete endlich wieder unter Moskaus Kontrolle zu bringen – sei es mit militärischen oder diplomatischen Mitteln. 

Wenn Russland den Einfall der Ukraine mit konventionellen Waffen nicht rückgängig machen kann, könnte es versuchen, dies durch Einsatz von Atom- oder anderen Massenvernichtungswaffen zu tun. Eine solche Eskalation würde jedoch in der gesamten internationalen Gemeinschaft Reaktionen hervorrufen und den Charakter des Krieges grundlegend verändern. Der Ausgang der „speziellen Militäroperation“ würde damit nicht nur für Kyjiw, sondern auch für Moskau völlig unvorhersehbar werden. Auch russische Partner wie China und Indien würden sich gegenüber einem unberechenbaren Moskau neu positionieren – eine Entwicklung, die für die russische Wirtschaft katastrophal sein könnte. 

Für Putins Regime sind beide Szenarien – anhaltende Demütigung in Kursk oder nukleare Eskalation – riskante Wege. Sie könnten auch in Peking und anderen nicht-westlichen Hauptstädten als unerwünscht angesehen werden. Vor diesem Hintergrund könnte ein „Land für Land“-Deal – der freilich von Moskau abgelehnt wird – an Bedeutung gewinnen. Solange die Besetzung russischer Gebiete durch die Ukraine anhält, könnte eine diplomatische Lösung nicht nur für Teile der russischen Elite, sondern auch für Regierungen wichtiger Drittstaaten zunehmend zum bevorzugten Kriegsausgang werden. 

In den letzten zweieinhalb Jahren haben sich eine Reihe offiziell neutraler Nationen auf der ganzen Welt für ein sofortiges und bedingungsloses Ende der Kämpfe und für Verhandlungen zwischen Moskau und Kyjiw ausgesprochen. So werden beispielsweise in Chinas 12-Punkte-Friedensplan vom Februar 2023 unter den Punkten 4 und 5 ein Waffenstillstand und „Beginn von Friedensgesprächen“ erwähnt. Der gemeinsame brasilianisch-chinesische 6-Punkte-Friedensplan vom Mai 2024 schlägt unter anderem vor, dass „[a]lle Parteien die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des direkten Dialogs schaffen und auf eine Deeskalation der Situation bis zur Verwirklichung eines umfassenden Waffenstillstands drängen sollten. China und Brasilien unterstützen eine internationale Friedenskonferenz, die zu einem angemessenen Zeitpunkt stattfindet und sowohl von Russland als auch von der Ukraine anerkannt wird, mit gleichberechtigter Beteiligung aller Parteien sowie einer fairen Diskussion über alle Friedenspläne.“ 

Ende September 2024 wurde unter der Führung Chinas auf einer Sitzung der UN-Generalversammlung eine sogenannte „Freunde des Friedens“-Gruppe zum russisch-ukrainischen Krieg gegründet. Das chinesische Außenministerium gab in diesem Zusammenhang bekannt, dass „China hofft, dass die beteiligten Parteien zu gegebener Zeit die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen in Betracht ziehen, sich in ihrem Dialog auf halbem Weg begegnen und nach Gemeinsamkeiten suchen, während sie Differenzen in ihren Verhandlungen beiseitelegen, alle Friedenspläne fair diskutieren und die Schaffung einer neuen Sicherheitsarchitektur fördern.“ Hauptfrage ist, ob die Mitglieder der Friedensfreunde-Gruppe oder andere nicht-westliche Länder, die offiziell neutral im Krieg sind, nun durch Taten und nicht nur Worte zu Unterstützern eines gerechten russisch-ukrainischen Friedens anstatt eines russischenSiegfriedens über die Ukraine werden. 

Widersprüchliche Interessen 

Bis vor Kurzem implizierten verschiedene nicht-westliche Friedenspläne und ähnliche Vorschläge, eine mehr oder weniger weitreichende ukrainische Befriedigung russischen territorialen und politischen Appetits. Seit Anfang August 2024 hat die Ukraine mit der Eroberung russischen Staatsgebiets die Grundlage für ein Abkommen zwischen den beiden Staaten geschaffen, das auf einem Tauschgeschäft basiert, anstatt auf dem bisher implizierten ungerechten Frieden. Inwieweit werden verhandlungs- und friedensbefürwortende nichtwestliche Länder, allen voran China, auf diese neue Situation reagieren? 

Wladimir Putin und andere Vertreter des russischen Regimes haben zwar deutlich gemacht, dass das Eindringen der Ukraine in Russland Verhandlungen unmöglich gemacht hat. Diese Abkehr von der zehnjährigen öffentlichen Befürwortung russisch-ukrainischer Friedensgespräche durch den Kreml überrascht nicht. In der aktuellen Situation bedeutet ein Waffenstillstand nicht mehr eine de facto Kapitulation der Ukraine unter dem Deckmantel einer diplomatischen Einigung. Jetzt wären Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine wirklich sinnvoll, da beide Länder Gebiete zu gewinnen und verlieren haben. Damit haben Friedensgespräche jedoch auch ihre Funktion für den Kreml verloren. Moskau kann sich bisher nur einen militärischen oder diplomatischen Sieg über Kyjiw als Weg vorstellen, den Krieg zu beenden – und nicht eine für beide Seiten akzeptable Einigung. 

Russland ist jedoch wirtschaftlich und technologisch auf ausländische Unterstützung angewiesen, vor allem auf die Chinas. Einige der wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Verbündeten Russlands wie Nordkorea, der Iran oder Syrien sind an einem vollständigen Sieg Moskaus interessiert und werden die russische Aggression so weit wie möglich unterstützen. Andere Länder, die Russland mehr oder weniger freundlich gesinnt sind, darunter China, Indien oder Brasilien, könnten dagegen in ihren Regierungen, Parlamenten, Volkswirtschaften und Gesellschaften widersprüchliche interne und externe Interessen haben. Einige politische und gesellschaftliche Lager dürften eine Fortsetzung des Krieges und einen Sieg Russlands befürworten, während andere lieber einen baldigen als einen späteren sowie einen gerechten statt einen ungerechten Frieden bevorzugen. 

Peking hat bisher sowohl wirtschaftlich als auch geopolitisch stark vom russisch-ukrainischen Krieg profitiert. Der Krieg hat neue Geschäftsmöglichkeiten für China und auch andere Länder auf der ganzen Welt geschaffen, die sich nicht an den westlichen Sanktionen gegen Russland beteiligen. Peking hat in Moskau nicht nur einen wertvollen Juniorpartner in seiner geopolitischen Konfrontation mit Washington gewonnen. Seit Februar 2022 lenkt der russisch-ukrainische Krieg die Aufmerksamkeit der Vereinigten Staaten und des gesamten Westens vom indopazifischen Raum ab und beansprucht immer mehr westliche finanzielle, militärische und andere Ressourcen in Osteuropa. Andererseits bringt die Fortsetzung des Krieges mit jedem weiteren Monat mehr Risiken und Nachwirkungen mit sich, und nicht nur für den Westen. Einige transkontinentale Auswirkungen der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine und der sich verschärfenden bislang nichtkinetischen Konfrontation Moskaus mit dem Westen könnten weder im wirtschaftlichen noch im politischen Interesse Chinas und anderer bislang inaktiver Zuschauer liegen. 

Nukleare Szenarien 

So hat der russische Präsident Putin Ende September 2024 Pläne für eine Lockerung der Beschränkungen für den Einsatz von Atomwaffen in der künftigen Formulierung der russischen Militärdoktrin angedeutet. Putins Ankündigung – selbst, wenn sie tatsächlich in offiziellen russischen Dokumenten umgesetzt wird – sowie ähnliche Signale aus Moskau in jüngster Zeit dürften zwar lediglich eine Fortsetzung des nuklearen Bluffens des Kremls sein, das mit der Annexion der Krim durch Russland im März 2014 begonnen hat. Dennoch untergraben Russlands immer aggressiverer Krieg in der Ukraine und Moskaus fortgesetzte Drohungen mit einer atomaren Eskalation bereits die normativen und psychologischen Grundlagen des weltweiten Nichtverbreitungsregimes für Kernwaffen. 

Mit dem Fortschreiten des Krieges steigt die relative Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Eskalation mit schwerwiegenden Folgen für nicht nur Osteuropa, sondern auch das Weltsicherheitsystem kommt. Die ukrainische Nuklearhistorikerin Mariana Budjeryn der Harvard-Universität hat kürzlich darauf hingewiesen, dass ein Russland, welches in der Ukraine auf dem Siegespfad ist, eher Atomwaffen einsetzen könnte, um seinen Sieg zu vervollständigen, als eine Russische Föderation, die den Krieg gegen die Ukraine verliert. Ein solches Verhalten Russlands würde in gewisser Weise dem Muster des ersten und bisher einzigen Einsatzes von Atomwaffen folgen, d. h. dem Verhalten der USA im August 1945 gegenüber Japan. Im schlimmsten Fall könnte die anhaltende öffentliche Einschüchterung westlicher Länder, die die Ukraine unterstützen, durch den Kreml – die auf einen Dritten Weltkrieg hinausläuft – zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden. Man fragt sich, ob China, Brasilien oder Indien an einer solchen Entwicklung interessiert sind. 

Auch zeichnet sich immer mehr ein entgegengesetztes Szenario für Instabilität: Der Krieg könnte mit einer vernichtenden militärischen Niederlage Russlands in der Ukraine enden. Dies wiederum würde nicht nur zu einem Regimewechsel in Moskau führen, sondern könnte auch eine teilweise oder gar vollständige Auflösung der Russischen Föderation in mehrere kleineren Staaten zur Folge haben. Dies ist ein mögliches Kriegsergebnis, das kürzlich etwa von dem bekannten russischen Zeithistoriker Professor Alexander Etkind, als mögliches Zukunftsszenario diskutiert wurde. Etkind vergleicht das Vorgehen des späten Österreich-Ungarns mit dem Verhalten Russlands 100 Jahre später. 1914 hatte die habsburgische Doppelmonarchie paradoxerweise einen Weltkrieg begonnen, der 1918 schließlich zum Zerfall des österreichisch-ungarischen Landimperiums führte. Im Jahr 2014 begann die Russische Föderation den russisch-ukrainischen Krieg, der schließlich zum Zerfall des Moskauer postsowjetischen Rumpfimperiums führen könnte. 

Einige Beobachter vermuten, dass dieses Szenario einer der Gründe ist, warum Peking den russisch-ukrainischen Krieg durch seine seit 2022 intensivierte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Moskau zynisch anheizt. Je länger der Krieg andauert, so die mögliche Logik Chinas, desto wahrscheinlicher wird ein Auseinanderbrechen der Russischen Föderation und die Öffnung von Territorialfragen entlang ihrer derzeitigen Grenze. Dies beträfe unter anderem die heute russischen und ehemals chinesischen Gebiete im Fernen Osten, die das Zarenreich in den sogenannten „ungleichen Verträgen“ des 19. Jahrhunderts, darunter im Vertrag von Aygun von 1858 und in der Ersten Konvention von Peking von 1860, erhielt. Die in diesen Akten übertragenen Gebiete werden heute als „Äußere Mandschurei“ bezeichnet und haben angesichts der ukrainischen Siedler, die nach der Annexion des chinesischen Gebiets an das späte Romanow-Reich dorthin zogen, auch den inoffiziellen Beinamen „Grüne Ukraine“. Im September 2024 schlug der Präsident der Republik China, d.h.Taiwans, William Lai, der Volksrepublik vor, dass, wenn sie an Irredenta interessiert sei, dies vor allem die nordöstlichen chinesischen Gebiete betreffen sollte, die während des sogenannten „Jahrhunderts der Demütigung“ Chinas an Russland verloren gegangen waren. 

Sollte Peking tatsächlich insgeheim eine Zersetzung des russischen Staates durch die Fortsetzung des russisch-ukrainischen Krieges fördern, wäre dies jedoch eine heikle Strategie. Sie würde nicht nur nördlich von China eine Zone der Instabilität schaffen. Sollte Russland infolge des Krieges tatsächlich zerfallen, könnten einige der nordasiatischen Nachfolgerepubliken, die aus der derzeitigen Pseudoföderation hervorgehen, zu Atomwaffenstaaten werden. Ob russische Kernsprengköpfe in einem oder in mehreren Nachfolgestaaten der derzeitigen Russischen Föderation enden würden, wäre vielleicht unerheblich. Die meisten der eventuellen post-russischen Staaten, Kleinstaaten und Gebiete werden hauptsächlich von ethnischen Russen bevölkert sein. Obwohl sie sich voneinander trennen, könnten sie sich dennoch grenzübergreifend solidarisch genug fühlen, um sich gegenseitig gegen nicht-russischen Irredentismus zu unterstützen – auch gegen den Chinas. 

Schlussbemerkungen 

Ob Russland in seinem Krieg gegen die Ukraine vollständig gewinnt oder spektakulär verliert, die internationalen Auswirkungen beider Szenarien werden beträchtlich sein. Ein vollständiger Sieg Russlands würde das UN-System sowie das nukleare Nichtverbreitungsregime völlig aus dem Gleichgewicht bringen. Es könnte sogar, wie Budjeryn im Bulletin of the Atomic Scientists angedeutet hat, zur Explosion eines oder mehrerer nuklearer Sprengköpfe kommen. 

Wenn Russland in der Ukraine auf demütigende Weise verliert, wird die daraus resultierende politische Instabilität in Moskau weitreichende Auswirkungen haben. Auf die eine oder andere Weise würde sich dies auch auf die internationale Sicherheit auswirken. Der russisch-ukrainische Krieg hat China und dem globalen Süden zwar viele politische und wirtschaftliche Möglichkeiten eröffnet. Doch häufen sich die negativen Nachwirkungen und globalen Risiken nicht nur für die Ukraine und den Westen, sondern auch darüber hinaus. 

Die kommenden Monate werden zeigen, wie stark die pazifistischen versus bellizistischen, risikofreudigen versus risikoscheuen Neigungen in verschiedenen relevanten nicht-westlichen Nationen sind. Werden Peking und/oder andere mächtige nicht-westliche Hauptstädte bereit und in der Lage sein, die Gelegenheit zu ergreifen, Moskau von einer Feuerpause entlang der gesamten Frontlinie, d. h. auch innerhalb Russlands, zu überzeugen? Sind Länder wie China, Indien und Brasilien stark genug am Frieden interessiert, um ihr internationales Gewicht einzusetzen und Russland zu ernsthaften Verhandlungen zu zwingen? 

Werden die großen nicht-westlichen Länder ein gemeinsames Interesse mit dem Westen an einem gerechten Frieden zwischen der Ukraine und Russland erkennen und die vom Kreml angestrebte Kapitulation der Ukraine nicht zulassen? Werden Peking und andere nicht-westliche Länder bereit und in der Lage sein, den Kreml zu zwingen, den Kriegspfad über einen Ausweg, anstatt über eine Siegesallee zu verlassen? Die ambivalente Situation, die die Ukraine mit ihrer Kursker Operation seit Anfang August 2024 geschaffen hat, könnte die letzte Chance sein, eine Ausweitung des Krieges über die russisch-ukrainische Front hinaus zu verhindern. 

 

Dr. Andreas Umland ist Analyst am Stockholmer Zentrum für Osteuropastudien (SCEEUS) des Schwedischen Instituts für Internationale Angelegenheiten (UI).