1/2018

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Welches Europa wollen wir?
Perspektiven zur österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2018

Erhard Busek/Silvia Nadjivan/Sebastian Schäffer

Österreich übernimmt heuer – nach 1998 und 2006 – zum dritten Mal den EU-Ratsvorsitz. Wie schon unter der letzten Ratspräsidentschaft im Jahr 2006 kommt Österreich neben dem »regulären« Programm der Triopräsidentschaft eine wichtige Rolle bei der Weichenstellung für die Zukunft der EU und damit Europas zu. Wie damals geht es auch heute darum, Visionen für das europäische Zusammenleben zu entwickeln. Bemerkenswerterweise stand das Jahr 2006 unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel in Koalition mit dem BZÖ unter einem ähnlichen Stern wie das aktuelle Jahr 2018 unter Bundeskanzler Sebastian Kurz in Koalition mit der FPÖ. Damals waren die kurzzeitigen, symbolischen EU-Sanktionen gegen Österreich aufgrund der Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen FPÖ bereits überstanden. Das inzwischen abgespaltene BZÖ, obwohl von FPÖ-Funktionären gegründet, erschien salonfähiger und hinsichtlich Österreichs Präsidentschaft unproblematisch. Präsent waren vor allem die mit der historisch größten EU-Erweiterung 2004 verbundenen Hoffnungen und Ängste. Von den zuvor befürchteten Migrationsströmen aus den neuen EU-Mitgliedsländern oder Preis- und Lohndumping war 2006 nichts zu merken. Die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft lag laut Eurobarometer im EU-Durchschnitt bei 54 %, in Österreich hielten 43 % der Befragten die EU für vorteilhaft für ihr eigenes Land. Das Jahresprogramm des Europäischen Rates für 2006 hob die 2005 adaptierte Lissabonner Strategie hervor, um Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen sowie die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand der EU zu sichern. Ein weiteres Ziel war neben der Terrorismusbekämpfung eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik. Im Fokus standen außerdem europäische Werte und die Förderung des Dialogs auf einzelstaatlicher Ebene – also Punkte, die von der gegenwärtigen EU-Rhetorik nicht besonders weit entfernt sind.