Workshop „Die Lage der Drei-Meere-Initiative aus der Perspektive des Völkerrechtes, der Politikwissenschaften und der Internationalen Relationen“

Warschau, 23. Jänner 2024

Die Drei-Meere-Initiative wurde 2015 von Andrej Duda, dem polnischen Präsidenten und Kolinda Grabar-Kitarović, der damaligen kroatischen Präsidentin ins Leben gerufen. An der Initiative beteiligen sich 13 Länder von Nordost- bis Südosteuropa, auch Griechenland schloss sich ihr vor Kurzem an. Die Initiative will zwar eine politische Kooperation in den Bereichen von Infrastruktur, Verkehrspolitik oder Energiepolitik sein, aber sie ist keine institutionalisierte Organisation, die Initiative entbehrt jeglicher rechtlich verbindlichen Grundlage. Auch die beteiligten Länder verhalten sich unterschiedlich gegenüber der Initiative: Während Österreich, Ungarn, die Slowakei oder Tschechien eher zurückhaltend sind, will Polen, zusammen mit den baltischen Ländern und Rumänien, mehr Aktivität in die Initiative bringen. Wobei auch für Warschau klar ist: Es ist und wird keine völkerrechtliche Organisation.

Was ist also die Drei-Meere-Initiative? Dieser Frage ging der Workshop nach, den das Institut für Politikwissenschaft der Polnischen Akademie der Wissenschaften am 23. Jänner 2024 in Warschau organisiert hatte. Unter den Referenten war auch Dr. Péter Techet, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Institutes für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) sowie Dr. Tomáš Strážay, der seitens des Slowakischen Institutes für Außenpolitik im Internationalen Rat des IDM sitzt.

Im Workshop stellten die zwei Organisatoren, Dr. Damian Szacawa und Jędrzej Błaszczak von der Maria Curie-Skłodowska Universität Lublin, die Drei-Meere-Initiative vor. Die einzelnen Referenten sollten die unterschiedlichen (völkerrechtlichen, politikwissenschaftlichen und sicherheitspolitischen) Aspekte der Initiative behandeln.

Dr. Tomáš Strážay betonte in seinem Referat, dass die Initiative zwar eine gute Plattform für weitere Zusammenarbeit zwischen den nord- und südosteuropäischen Ländern darstellen mag, aber nicht zu einer Gegenalternative zur Europäischen Union oder zu den bestehenden, institutionalisierten Kooperationen werden darf.

Dr. Péter Techet erklärte in seinem Vortrag, warum die Initiative aus völkerrechtlicher Perspektive keine eigene Organisation ist: Es fehlen die rechtlich verbindlichen Grundlagen bzw. eine klare institutionalisierte Struktur. Als Beispiel für institutionalisierte, subregionale Zusammenarbeiten stellte er die Benelux Union, den Nordischen Rat und die „Union pour la Méditerranée“ vor. Für die Drei-Meere-Initiative stellt sich aber die Frage – so Dr. Techet –, ob und wie sie sich institutionalisieren lässt, zumal sehr unterschiedliche Staaten mit unterschiedlichen geopolitischen Interessen daran beteiligt sind. Als Vorteil für eine rechtliche Institutionalisierung erwähnte er, dass eine klare Struktur auch die Aufgaben und Ziele klarer festlegen würde.

Dr. Ieva Gajauskaite von der Litauischen Militärakademie „General Jonas Žemaitis“ betonte in ihrem Referat die sicherheitspolitischen Gefahren, die mit der Drei-Meere-Initiative abgewehrt werden können. Für sie sollte also die Initiative einen stark sicherheitspolitischen und militärischen Charakter – nicht zuletzt angesichts der russischen Aggression in der Ukraine – gewinnen.

Dr. Agata Kleczkowska vom Institut für Rechtswissenschaften der Polnischen Akademie der Wissenschaften meinte ähnlich zu Dr. Techet, dass die Drei-Meere-Initiative mit dem Völkerrecht nicht beschrieben werden kann, sie verwendete daher dafür den Begriff „informelle völkerrechtliche Organisation“, auch wenn sie gleichfalls betonte, dass es sich nicht um eine rechtwissenschaftliche, sondern eine politische Kategorie handelt.

Auch in der Diskussion stand die Frage im Mittelpunkt, ob die Drei-Meere-Initiative auch in der Zukunft eine lose Kooperation zwischen gewissen Ländern Nordosteuropas und Südosteuropas darstellen solle oder doch einer klaren Struktur bedarf. Auch wenn die Initiative mit bestehenden völkerrechtlichen, subregionalen Kooperationen – aufgrund der mangelnden juristischen Grundlage – nicht vergleichbar ist bzw. eine solche Verrechtlichung der Initiative vielleicht nicht einmal wünschenswert oder realisierbar ist, waren die Mitdiskutant*innen einig darin, dass die Initiative als eine Dialogplattform innerhalb der Europäischen Union bzw. als eine Brücke für Kandidatenstaaten wie die Ukraine und die Moldau darstellen kann.