Ein grüner Streifen Leben
Bewegung liegt in der Natur von Lebewesen. Mit der Errichtung von Grenzen, Straßen und Städten schränkt der Mensch allerdings die Bewegungsfreiheit von Tieren massiv ein. Der Biologe Christoph LITSCHAUER erklärt anhand des Eisvogels, wie die grenzüberschreitende Vernetzung von Naturräumen funktionieren kann.
Der Alpen-Karpaten-Korridor ist ein Landschaftsstreifen zwischen den östlichen Ausläufern der Alpen und dem westlichen Teil der Karpaten. Er stellt eine wichtige Verbindung dieser beiden Biotop-Hotspots für viele wildlebende Tier- und Pflanzenarten dar. Die Beckenlandschaft zwischen den Ballungszentren Wien und Bratislava ist stark vom Menschen geprägt und wird intensiv genutzt. Große Landwirtschafts-, Siedlungs- und Gewerbeflächen sowie Verkehrsinfrastruktur zerschneiden die Landschaft und schränken die Bewegungsmöglichkeiten von Flora und Fauna erheblich ein. Dies führt dazu, dass den Arten das Wandern dem einen in den anderen Großlebensraum kaum mehr möglich ist. Mit dem Verlust von naturnahen Lebensräumen geht auch die Vernetzung der beiden Gebirgsregionen verloren. Darüber hinaus können auch wichtige Leistungen des Ökosystems für den Menschen nicht mehr erbracht werden. Die Fragmentierung der Landschaft führt für viele Tier- und Pflanzenarten zu einem Flaschenhals-Effekt. Zusätzlich ändern sich durch die Folgen des Klimawandels ihre Lebensbedingungen. Höhere Temperaturen, Änderungen in der Menge und Verteilung der Niederschläge, Verschiebungen der Blüh- und Aktivitätszeiten oder Extremwetterereignisse zwingen viele dazu, erst recht zu wandern, um passende Lebensräume zu finden. Damit sind gerade auch im Hinblick auf den Klimawandel die Schaffung und Erhaltung von ökologischen Korridoren zur Erhaltung der Biodiversität enorm wichtig.
Nicht passierbar!
Schon in der Frühzeit waren Flusstäler für die Menschen bevorzugte Siedlungsräume. Sie bieten die besten Voraussetzungen für eine dauerhafte Ansiedlung. Neben den reichhaltigen Au-Lebensräumen mit Fischen und Wild gibt es hier auch fruchtbare, für den Ackerbau geeignete Böden. Einhergehend mit der Industrialisierung wurden Flüsse vermehrt als Handelsrouten, zur Produktion und zur Energieerzeugung genutzt. Hochwässer führten, vor allem durch die steigende engere räumliche Bindung der Menschen an die Flüsse, zu teils beträchtlichen Verwüstungen. Daher entwickelte sich spätestens im 19. Jahrhundert, also in Zeiten starker Bevölkerungszunahme, der Flussbau mit starken Regulierungen. Die natürliche Dynamik der Flüsse wurde massiv eingeschränkt. Seit einigen Jahrzehnten treten immer stärker die Kehrseiten der fast überall erfolgten harten Regulierungen der Fließgewässer in den Vordergrund. Fließgewässer-Ökosysteme sind ausgesprochen artenreich. Obwohl Flüsse und Seen nur 2,3 Prozent der Landfläche der Erde bedecken und nur 0,01 Prozent des Wassers umfassen (der überwiegende Teil des Wassers auf der Erde befindet sich in den Ozeanen), beherbergen sie über 10 Prozent der bisher beschriebenen Arten, davon 30 Prozent aller Wirbeltiere. Fluss-Ökosysteme leisten uns viele Dienste: Die Versorgung mit Trinkwasser, Hochwasser- und Erosionsschutz, Nährstoffrückhalt und Schadstofffilter sowie Habitate für Pflanzen und Tiere und Erholungsraum für den Menschen. Sie zählen aber auch zu den am meisten bedrohten Lebensräumen der Erde. So nahm dem Living Planet Report 2020 zufolge der Süßwasserökosystem-Index zwischen 1970 und 2018 um 84 Prozent ab (WWF 2020). Dieser Index zeigt die durchschnittliche prozentuale Veränderung der Bestandsgröße aller erfassten Populationen von Wirbeltieren seit 1970. Die Hauptursachen für die Gefährdung liegen in der Verschmutzung von Gewässern, dem Einschleppen invasiver Arten sowie hydrologischen und morphologischen Veränderungen – also Veränderungen in der Interaktion des Gewässers mit umliegenden Lebensräumen und der Gestalt des Gewässerbettes. Die Situation der Gewässer in der Beckenlandschaft zwischen den Alpen und den Karpaten stellt sich sehr ähnlich dar wie sie weltweit im Living Planet Report aufgezeigt wird. Zahlreiche nicht passierbare Querelemente verhindern das Wandern der wassergebundenen Arten in Schwechat, Fischa und Rudava – den wichtigsten Zubringern zur Donau im Alpen-Karpaten-Korridor. Weite Strecken sind zudem hart verbaut, das heißt die Ufer der Flüsse sind mit Blockwürfen befestigt.
Vernetzung wiederherstellen
Im Zentrum des Projektes »Alpen Karpaten Fluss Korridor« steht die Vernetzung der beiden Gebirgszüge durch Fließgewässer und deren unmittelbarem Umland. Gewässer durchziehen die Landschaft wie ein blaues Netz und bilden daher oft die einzig verbliebenen vernetzenden Elemente zwischen bestehenden Schutzgebieten. Deshalb ist es vor allem aufgrund der zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels wichtig, Flüsse und ihre begleitenden Auen zu erhalten und zu renaturieren. Als Herzstück des Projektes wurden 13 ökologische Pilot-Maßnahmen an fünf Flüssen in der Grenzregion Österreich – Slowakei (Schwechat, Fischa, Rudava, Mociarka und Malina) umgesetzt. Wichtig für die Umsetzung waren neben der direkten Beteiligung der Gemeinden und der Bevölkerung die grenzübergreifende Zusammenarbeit und die gemeinsame Entwicklung von Strategien mit dem Ziel, der Verinselung von Lebensräumen entgegenzuwirken und seltene Arten vor dem Aussterben zu schützen. Eine dieser seltenen Arten ist der Eisvogel; er wurde als »Projekt-Leitart« ausgewählt. Der Eisvogel nimmt aufgrund seiner hohen Lebensraumansprüche die Rolle einer sogenannten Indikatorart für naturnahe, dynamische Fließgewässer ein. Eine gute Nahrungsgrundlage (Fischreichtum), adäquate Habitatstrukturen (Ufergehölz als Ansitzwarten und Deckung), gute Jagdbedingungen (klares, langsam fließendes Gewässer) sowie nutzbare Brutwände (überhängende, vegetationsfreie und störungsfreie UferAbbruchkanten) sind entscheidende Faktoren für das Vorkommen und die Siedlungsdichte des Eisvogels. Die Ergebnisse einer von BirdLife im Zuge des Projektes durchgeführten Studie zeigen eindeutig, dass die höchste Dichte an Brutplätzen wenig überraschend an unregulierten Gewässerbereichen festgestellt wurde. Im abschließend erstellten Aktionsplan wurden MaßnahmenVorschläge für insgesamt 100 Standorte gelistet, um den Eisvogelbestand grenzüberschreitend zu stützen. Zwei dieser Maßnahmen wurden bereits gemeinsam mit SchülerInnen des Bundesrealgymnasiums Schwechat, der Gemeinde Schwechat sowie ExpertInnen des Nationalpark Donau-Auen und BirdLife umgesetzt. Auch bei zusätzlichen Maßnahmen für die Verbesserung der Habitate für weitere gefährdete Arten wie Würfelnatter, Nase und Co. haben die Gemeinden entlang der Flüsse des Alpen-Karpaten-Korridors engagiert mitgeholfen, Projektmaßnahmen erfolgreich umzusetzen und Naturschutz für die Bevölkerung erlebbar zu machen. Insgesamt wurden rund zwei Millionen Euro in die Umsetzung von FlussRevitalisierungen und Artenschutzmaßnahmen investiert. 85 Prozent davon wurde durch den European Regional Development Fund bereitgestellt, der Rest durch Ko-Finanzierung von Bund, Land NÖ und Schwechat Wasserverband.
Wie soll es weitergehen?
Die erfolgreiche Umsetzung des Projektes kann nur ein erster Schritt zur Verbesserung der ökologischen Konnektivität des Alpen-KarpatenKorridors sein. Um das ökologische Netzwerk der Schutzgebiete und Lebensräume für die kommenden Herausforderungen durch den Klimawandel zu stärken, sind weitere Investitionen in Grüne Infrastruktur, wie Revitalisierung von Flussgebieten, unerlässlich.
Mag. Christoph Litschauer studierte Biologie mit Schwerpunkt Ökologie an der Universität Wien. Nach seinem Abschluss begann er für den WWF Österreich im Bereich Gewässerschutz zu arbeiten. Von 2010 bis 2013 leitete er das transnationale Projekt »Save the Alpine Rivers!« für das Europäische Alpenprogramm des WWF. Ziel des Projekts war es, Schutzmaßnahmen für alpine Flüsse in Frankreich, Italien, Slowenien und Österreich voranzutreiben. Nach einem Sabbatical wechselte er in den Nationalpark Donau-Auen und ist dort als Projektmanager für den Alpen Karpaten Korridor zuständig.
Gefahrenzone Himmel: Vögel vor Stromschlägen bewahren
Jährlich werden tausende Vögel durch Stromschläge oder Kollisionen mit oberirdischen Stromleitungen getötet oder verletzt. Mit länderübergreifender Anstrengung soll der Himmel über der Donau für Vögel sicherer werden. Wie das geht, zeigen Marek GÁLIS und Eva HORKOVÁ in ihrem Gastbeitrag für Info Europa.
Die Donau, der so genannte »europäische Amazonas«, ist einer der wichtigsten Zugkorridore, Zwischenstopps, Schlaf- und Überwinterungsplätze für hunderte Vogelarten in Europa. Mit ihren Uferzonen und Flusslebensräumen bildet die Donau ein ökologisches Netz, das oft auch als Rückgrat für biologische Korridore fungiert. Jedes Jahr folgen Millionen Vögel auf ihrer Odyssee von und zu weit entfernten Zuggebieten dem Strom. Allein die Untere Donau und das Donaudelta beherbergen rund 360 Vogelarten, etwa den seltenen Krauskopfpelikan sowie 90 Prozent der Weltpopulation der Rothalsgans. Viele dieser Arten haben in den letzten Jahrzehnten einen dramatischen Rückgang erlebt. Durch Stromschläge und Kollisionen sterben in diesem Gebiet jedes Jahr 20 Prozent der sich fortpflanzenden Populationen von Kaiseradler, Sakerfalken und Krauskopfpelikanen. Zahlreiche Projekte des EU-geförderten LIFE-Programms widmeten sich bisher der Wiederherstellung von Wasserlebensräumen. Diese Maßnahmen haben zur Folge, dass der Vogelzug in diese geschützten Rückzugsgebiete zunimmt. Daher ist der Schutz gefährdeter Arten vor Kollisionen und Stromschlägen enorm wichtig, insbesondere um damit andere Bedrohungen, etwa durch die Folgen des Klimawandels, zu kompensieren.
Leitungen und Masten als Gefahrenquellen
Projektpartner aus sieben von zehn Donauländern, darunter Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien und Rumänien, sind Teil des LIFE Danube Free Sky-Projekts, das sich darauf konzentriert, die Gefahren durch Stromleitungen zu lindern. Vögel sind vor allem in der Nähe von Gewässern und deren Umgebung in erheblichem Maße von Stromschlägen oder Kollisionen mit Stromleitungen bedroht. Das fand ein vorhergehendes LIFE-Projekt, das in der Slowakei zwischen 2014 und 2019 durchgeführt wurde, heraus. Infolgedessen konzentriert sich das aktuelle Projekt auf 23 sogenannte Besondere Schutzgebiete (BSG) sowie auf neun signifikante Gebiete für Vögel, Important Bird Areas (IBA). Der Aktionsradius ist enorm: Denn entlang der gewählten 2000 Kilometer befinden sich acht verschiedene Arten oberirdischer Stromleitungen, die allesamt eine potenzielle Gefahr für Vögel darstellen. Ein wesentliches Ziel besteht darin, direkte und indirekte Vogelsterblichkeit durch Stromschläge und Kollisionen mit den Stromleitungen innerhalb des Projektgebiets zu verhindern bzw. zu verringern. Damit trägt das Projekt dazu bei, die Biodiversitätsstrategie der EU umzusetzen, und dem Verlust der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen entlang der Donau entgegenzuwirken. Indem sichere Zugrouten und Lebensräume geschaffen werden, können sich die Populationen von 12 Zielarten* erholen und anwachsen.
Betroffene Arten
Zu einer der häufigsten Gefahren zählen Zusammenstöße mit Hochspannungsleitungen. Viele Vögel können die Leitungen nicht rechtzeitig erkennen. Das geschieht vor allem in offenen Gebieten, in denen Stromleitungen wichtige Futter-, Nahrungs- und Nistplätze kreuzen. Vogelverluste aufgrund von Kollisionen mit oberirdischen Stromleitungen können an Verteilungs- oder Übertragungsnetzen auftreten. Am stärksten gefährdet sind große, schwere Vogelarten mit geringer Manövrierfähigkeit, das heißt solche mit hoher Flügelbelastung und geringer Streckung, wie beispielsweise Trappen, Pelikane, Wasservögel, Kraniche, Störche und Schneehühner. Das Risiko von Zusammenstößen ist nachts, in der Dämmerung und bei schlechten Sichtverhältnissen generell höher. Zusammenstöße mit hoher Geschwindigkeit haben oft tödliche Folgen für die Vögel. Neben Kollisionen gehören auch Stromschläge zu den größten Gefahren. Sie treten meist dann auf, wenn Vögel auf dem Strommast landen und gleichzeitig mit einem Draht in Berührung kommen oder wenn sie die beiden Leiter gleichzeitig berühren. Das höchste Risiko besteht bei Mittelspannungsleitungen, die für viele Vögel in offenen ländlichen Gebieten ohne Baumbewuchs sehr attraktive Sitzstangen darstellen. Die höchste Sterblichkeitsrate durch Stromschläge verzeichnen mittelgroße und große Vögel, insbesondere Adler, Falken, Geier, Milane, Falken, Eulen, Störche und Rabenvögel. Bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit höher, mit ungeschützten Elementen der Mastkonstruktion in Kontakt zu kommen.
Wie geholfen wird
Um so effektiv wie möglich zu helfen und die Ressourcen so effizient wie möglich einzusetzen, müssen die Maßnahmen im Rahmen des genannten LIFE-Projekts an jenen Orten ergriffen werden, die die größten Risiken für Vögel bergen. Dazu muss durch koordinierte Feldforschung der Grad der Gefährdung von Vögeln ermittelt und bewertet werden. Insgesamt werden im Rahmen des Monitorings mehr als 1150 Kilometer Stromleitungen und über 10.000 potenziell gefährliche Strommasten untersucht. Feld-AssistentInnen sammeln in den beteiligten Ländern die entsprechenden Daten. Danach kommen die am Projekt beteiligten Energieversorgungsunternehmen ins Spiel: Sie werden gemeinsam auf 245 Kilometer vorrangiger Leitungen Warnvorrichtungen installieren, um Kollisionen zu verhindern. Darüber hinaus werden mindestens 3250 Masten isoliert, um Stromschläge zu vermeiden. In Österreich isolieren die Projektpartner in Zusammenarbeit mit der ÖBB-Infrastruktur AG hunderte der gefährlichsten Bahnstrommasten in der Nähe der Donau. In Rumänien, Serbien und der Slowakei werden Jungtiere (Sakerfalken, Kaiseradler und Krauskopfpelikane) mit Sendern ausgestattet, um gefährliche Masten in ihrem Heimatgebiet und ihren bevorzugten Lebensräumen zu identifizieren. In der Slowakei werden zehn Hektar Land von Ackerland wieder zurück in Weiden verwandelt. So wird der Naturwert des Gebietes erhöht, wovon verschiedenste Vogelarten profitieren. Zudem unterstützt das Projektteam die Brutmöglichkeiten für Sakerfalken, Blauracken und Rotfußfalken, indem es in Bulgarien, Rumänien, Serbien und in der Slowakei insgesamt 370 Nistkästen anbringt.
Transnationale Zusammenarbeit unerlässlich
Um die Vögel auf ihren Zugrouten zu schützen, müssen die Stromleitungen auf den gefährlichsten Abschnitten entschärft werden, und zwar über Ländergrenzen hinweg. Im Zuge des Projekts DANUBEparksCONNECTED wurde daher eine Plattform für die transnationale Zusammenarbeit geschaffen. Sie bildet die Grundlage für die LIFE Danube Free Sky-Projektpartnerschaft, an der acht Energieunternehmen, drei Nationalparks, drei Vogelschutzorganisationen und ein Eisenbahnunternehmen beteiligt sind. Obwohl das Projekt während der Pandemie begann, funktioniert die Zusammenarbeit aller beteiligten Projektpartner sehr gut. Die meisten der Koordinierungstreffen finden immer noch online statt, doch die Hoffnung ist groß, dass persönliche Treffen bald möglich sein werden.
Projektwebseite: danubefreesky.eu
Facebook/Instagram: danubefreesky
Natura 2000 ist ein Netz von zentralen Fortpflanzungs- und Ruhestätten für seltene und bedrohte Arten und einige seltene natürliche Lebensraumtypen, die geschützt sind. Es erstreckt sich über alle 27 EU-Länder, sowohl an Land als auch im Meer. Ziel des Netzes ist es, das langfristige Überleben der wertvollsten und am stärksten bedrohten Arten und Lebensräume Europas zu sichern, die sowohl in der Vogelschutzrichtlinie als auch in der Habitatrichtlinie aufgeführt sind. 23 besondere Schutzgebiete, die an dem Projekt beteiligt sind, sind Teil des Natura-2000-Netzes.
Dr. Marek Gális ist Wissenschaftlicher Koordinator der Projekte LIFE Danube Free Sky und LIFE Energy. Er studierte Ökologie und Umweltstudien an der naturwissenschaftlichen Fakultät der Philosoph KonstantinUniversität in Nitra, Slowakei. Nach seiner Promotion im Jahr 2014 begann er bei der Nichtregierungsorganisation Raptor Protection of Slovakia. Er hat mehrere Artikel zum Thema Vögel vs. Stromleitungen veröffentlicht und ist aktiv am Prozess der Risikobewertung von Stromleitungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Vögel in der Slowakei beteiligt.
Mag. Eva Horková ist Kommunikationsmanagerin des LIFE Danube Free Sky Projekts. Sie studierte Politikwissenschaft und internationale und diplomatische Studien an der Comenius Universität Bratislava und an der Hochschule für internationale und öffentliche Beziehungen Prag, Institut Bratislava. Mehrere Jahre lang war sie hauptsächlich in den Bereichen Projektkoordination, Management und Marketing in der Privatwirtschaft tätig. Mit dem Wunsch nach einem beruflichen Wechsel in den dritten Sektor trat sie ab November 2020 dem LIFE Danube Free Sky Team bei.
IDM Short Insights 11: Side effects of vaccine diplomacy in Slovakia
In March 2021, exactly one year since the assuming of the office after an overwhelming victory in 2020 parliamentary elections, instead of celebrating, Igor Matovič had to deal with the dissolution of his own government. What role can the vaccine diplomacy play in the domestic politics and what can be expected from the new Slovakian government? Daniel Martínek (IDM) describes the recent political storm in Slovakia and analyses the causes of the crisis.
Rechtsstaatlichkeit als wichtiger Investitionsfaktor
Die COVID-19-Krise stürzte viele Unternehmen in unsichere Gewässer. Am Beispiel der Slowakei erklärt die Ökonomin Doris Hanzl-Weiss, wie rechtliche Unsicherheit das Wirtschaftsumfeld belasten kann.
Die Slowakei ist eine kleine offene Volkswirtschaft und stark vom Außenhandel abhängig. Die Automobil-Industrie ist für rund 32% der Gesamtexporte verantwortlich und gilt damit als zentraler Exporteur des Landes. Sie stützt sich auf vier große ausländische Fahrzeughersteller im Land, darunter VW Bratislava, PSA Peugeot Citroën in Trnava, KIA Motors Slovakia in Žilina und Jaguar Land Rover in Nitra. Stabile wirtschaftliche insbesondere rechtliche Rahmenbedingungen waren und sind wichtige Faktoren für ausländische Investoren. Wie sich ausländische Direktinvestitionen in der Slowakei entwickelt haben und welche Rolle das wirtschaftlichere Umfeld dabei hatte soll hier näher erläutert werden.
Intransparenz unter Mečiar
Die erste Zeit nach Gründung der Slowakei 1993 und dem Zerfall des kommunistischen Systems war gekennzeichnet durch geringe Zuflüsse an ausländische Direktinvestitionen (ADI). Grund dafür war das autoritäre Regime unter Vladimír Mečiar, das zu internationaler Isolation, undurchsichtiger Privatisierung und Klientelismus und in Folge davon zur Abschreckung von ausländischen Investoren führte. Erst 1998 mit der neuen Regierung unter Mikuláš Dzurinda (I und II) und den damit einhergehenden tiefgreifenden Reformen konnte eine Wende erzielt werden. Zwischen 2000 und 2008 betrug der durchschnittliche jährliche ADI-Zuwachs 7,7 % des Bruttoinlandproduktes (BIP), viel höher als in den Nachbarländern Tschechien (5,9%), Ungarn (4,7%) oder Polen (3,6%).
EU-Beitritt förderte Investitionen
Entscheidende Faktoren für den Zufluss waren einerseits die Privatisierungen am Beginn der 2000er Jahre im Bereich Telekommunikation und im Energie- und Finanzsektor. Andererseits wirkte der EU-Beitritt 2004 als Katalysator für neue Investitionen. Besonders wichtige Greenfield-Investitionen, also etwa Neuerrichtungen von Produktionsstätten auf einem neuen oder noch jungen Markt, fanden im Bereich der Automobilindustrie statt. Nach der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise fiel die Slowakei bei den ADI-Zuflüssen jedoch hinter den Nachbarn zurück: Zwischen 2010 und 2018 konnte sie nur durchschnittlich 1,6% des BIP an ADI-Zuflüssen lukrieren, die anderen Länder zwischen 2,4 % (Polen) und 3 % (Tschechien und Ungarn).
Niedrige Rechtsdurchsetzung als Barriere
Um attraktiv für ausländische Direktinvestitionen zu sein, muss das wirtschaftliche Umfeld konkurrenzfähig und günstig sein. Dieses wird jedoch für die Slowakei Jahr für Jahr schlechter eingestuft. Beispielsweise fiel die Slowakei im Global Competitiveness Index des World Economic Forums 2019 um eine Position zurück und rangiert aktuell auf Platz 42 (von insgesamt 141 Plätzen). Zum Vergleich: Tschechien lag auf Platz 32, Polen auf Platz 37 und Ungarn auf Platz 47. Zwar ist der Business Environment Index des slowakischen Unternehmensverbandes (Business Association of Slovakia – PAS) langfristig angestiegen, seit 2006 befindet er sich allerdings kontinuierlich im Sinkflug. Die EU-Kommission sieht hohe regulatorische Belastungen, niedrige Rechtsdurchsetzung, anhaltende Bedenken zur Unabhängigkeit der Justiz und Polizei, häufige Gesetzesänderungen und Rechtsunsicherheit als Faktoren, die die Wettbewerbsfähigkeit behindern. Eine Umfrage unter ausländischen Investoren in der Slowakei 2019 zeigte, dass die Rechtssicherheit, die Verfügbarkeit von Fachkräften sowie steigende Lohnkosten, die Transparenz der öffentlichen Auftragsvergabe und die Bekämpfung der Korruption zu den am schlechtesten bewerteten Standortbedingungen derzeit zählen.
Reformen in Sicht?
Die COVID-19 Krise hat die Unsicherheit für Unternehmen – nicht nur in der Slowakei – in den ersten Monaten 2020 weiter verstärkt. Es mussten fast täglich neue Vorgaben, Reglungen oder Gesetzesänderungen verfolgt werden. Vorgaben für Hilfsmaßnahmen wurden als kompliziert und intransparent angesehen, z.B. welche Unternehmen anspruchsberechtigt sind und welche Bedingungen erfüllt werden müssen, um Hilfsmaßnahmen zu bekommen. Aus Angst vor Strafen haben viele nicht um Hilfe angesucht.
Langfristig gesehen könnten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unter der neuen konservativen Regierung unter Igor Matovič verbessern. Er hat mit seinem Anti-KorruptionsWahlkampf die letzten Parlamentswahlen im März 2020 gegen die lang amtierende Partei Smer gewonnen. Auf der Agenda der neuen Justizministerin Mária Kolíková steht eine Reform der Justiz. Um die Unvorhersehbarkeit des Gesetzgebungsprozesses zu verbessern, möchte sie indirekte Gesetzesänderungen stoppen, einzelne Gesetze, die miteinander verbunden sind, im Paket und zu einem gemeinsamen Zeitpunkt einführen, sowie das übliche Gesetzgebungsverfahren stärken und respektieren. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob die neue Regierung ihre Versprechungen einhalten kann. Wenn es ihr gelingt, das wirtschaftliche Umfeld zu verbessern, wird die Slowakei wieder für Investitionen attraktiver werden.
Doris HanzlWeiss ist Ökonomin am Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw). Sie ist Länderexpertin für die Slowakei und befasst sich mit Themen des Strukturwandels und Sektoranalysen. Hanzl-Weiss hat Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien studiert und arbeitete an verschiedensten Projekten für internationale Institutionen (z. B. UNIDO, Europäische Kommission vDG Grow, etc.).
flow – Festival of Conversation for Culture and Science
grenzüberschreitend. fachübergreifend. unkonventionell.
Projektziel:
flow stellt den multinationalen interdisziplinären Dialog von Kunst und Wissenschaft in den Mittelpunkt und hebt sich so ganz bewusst von herkömmlichen Festivals ab.
Elias Canettis Geburtsstadt Ruse, der wichtigste Donauhafen und Verkehrsknotenpunkt Bulgariens, war von 18. bis 21. Oktober Austragungsort des dritten biennalen flow Festivals. 2010 machte flow Station in Chişinău/Republik Moldau, 2008 in Novi Sad/Serbien.
Auch 2012 trafen wieder rund sechzig junge Künstler/-innen, Kulturschaffende und Wissenschaftler/-innen aus zehn Ländern entlang der Donau zusammen, um neue Netzwerke zu bilden und die Besonderheiten des Donauraums gemeinsam zu entdecken. Die Teilnehmer/-innen kamen aus Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Österreich, der Republik Moldau, Rumänien, Serbien, der Slowakei, Ungarn und der Ukraine. Das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) ist Initiator von flow. Das Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) hat im Herbst 2009 die organisatorische Abwicklung und Koordination des Festivals übernommen. Heuer wurde das IDM vor Ort durch die renommierte Internationale Elias Canetti Gesellschaft unterstützt.
Kunst und Wissenschaft bilden während des Festivals die Katalysatoren, um das außergewöhnliche Potenzial dieser Region freizulegen und es als Grundlage für interdisziplinäre Projekte im Donauraum zu nutzen. Die gedankliche Klammer für diesen kreativen Austausch bildete heuer das Generalthema “Activating Spaces, Activating People by Micro-Imagination“. Mehrere Workshops ermöglichten an zwei Tagen intensive Diskussionen in kleineren Gruppen. Als Inspirationsquelle gab es unterschiedliche Fragestellungen, denen sich die Teilnehmer/-innen bereits vorab auf einer eigens für flow kreierten Internetplattform zuordnen konnten.
Neben der Arbeit in thematischen Workshops wurde auch heuer wieder großer Wert auf die Einbindung der lokalen Künstler/-innen und Wissenschaftler/-innen gelegt. Für drei Abende wurde ein sehr spannendes und frei zugängliches Festivalprogramm mit einer Ausstellung, Performance und Konzerten entwickelt, das vor allem der bulgarischen alternativen Kunstszene eine Bühne gab. Hunderte Besucher aus ganz Bulgarien haben dieses Angebot mit großer Freude und Begeisterung angenommen.
Dem diesjährigen Festival-Thema entsprechend wurden aber nicht nur die Menschen erfolgreich „aktiviert“, sondern auch ungenützte, leer stehende Räume und Orte speziell für flow neu belebt. Dabei konnten etwa Orte mit interessanter Geschichte und Vergangenheit in Ruse wieder entdeckt und neu bespielt werden. So etwa das Gebäude einer der ältesten bulgarischen Banken, das seit Jahren leer steht und verfällt. Oder auch der einstige Hafenbahnhof im Zentrum von Ruse, der seit vielen Jahrzehnten keine Passagiere mehr empfangen hat, und für das Festival erstmals wieder mit Leben gefüllt wurde. Diese inspirierenden Räume und Orte werden so in Zukunft wieder mehr Beachtung und Verwendung finden. Nachhaltigkeit wird aber vor allem durch die Entwicklung mehrerer multinationaler und interdisziplinärer Mikro-Projekte erzeugt, die in verschiedenen Ländern des Donauraumes 2013 realisiert werden. Die flow Community, bestehend aus den rund sechzig Teilnehmer/-innen des Festivals, bekommt damit die Möglichkeit, die neuen Kontakte und entstandenen Ideen konkret für Projekte zu nutzen. So werden bis zu fünf Projekte im Donauraum über das Festival hinaus im kommenden Jahr vom BMeiA gefördert und vom IDM begleitet.
flow hat sich zum Ziel gesetzt Menschen zu bewegen und im Donauraum seine Spuren zu hinterlassen.
In Ruse ist man dieser Vision wieder ein beachtliches Stück näher gerückt – and flow goes on.
Institut für den Donauraum und Mitteleuropa
Dr. Susan Milford
Bernd Janning, MA
- Projektzeitraum: bis 2012
grenzüberschreitend. fachübergreifend. unkonventionell.
flow stellt den multinationalen interdisziplinären Dialog von Kunst und Wissenschaft in den Mittelpunkt und hebt sich so ganz bewusst von herkömmlichen Festivals ab.